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15.12.12 Interview mit den neuen LKBs

Fragen von Laura Polster, Auszubildende im Team Nürnberg

Laura: Herzlichen Glückwunsch zur neuen Stelle hier in Nürnberg!

Habt ihr euch schon eingelebt?

Conni: Ja, das ging erstaunlich schnell! Vielleicht liegt es daran, dass alle hier sehr nett sind.

Matthias: Ich musste nicht umziehen, aber ich bin in Nürnberg geboren. In der neuen Stelle bin ich schon einigermaßen angekommen. Es ist noch Vieles neu und unbekannt. Aber Schritt für Schritt klappt es. Und zusammen mit einem Profi-Team ist alles ein bisschen einfacher.

Laura: Was interessiert euch an dieser neuen Stelle (Position) am meisten?

Conni: Ich freue mich, in einem Team mit vielen sehr kompetenten gehörlosen und hörenden Mitarbeitern zu arbeiten und nun auch bayernweit Verantwortung zu tragen

Matthias: Ich möchte Verantwortung übernehmen. Ich bin in den letzten Jahren immer mehr in die Gehörlosengemeinde hinein gewachsen, habe mich immer mehr in Gehörlosenkultur eingefühlt. Als wir vor einigen Jahren überlegt haben, wer kann die Nachfolge des LKB übernehmen, habe ich gespürt: Das soll mein Platz sein.

Laura: Was erwartet, was erhofft ihr von uns (nicht nur Kollegen sondern AUCH Mitgliedern gemeint)?

Conni: Offenheit und Leistungsbereitschaft

Matthias: Natürlich hoffe ich, dass das Team in Nürnberg und Mitglieder der Gehörlosengemeinden auch in Zukunft sooo viel Energie entwickeln. Und ich weiß es ganz sicher: Wir sind eine starke Gemeinschaft!

Laura: Welche Ziele habt ihr in der Gehörlosenseelsorge?

Conni: die Verknüpfung der bayrischen Gemeinden zu stärken und natürlich die Anerkennung der Gehörlosengemeinde als vollwertige Kirchgemeinde voran zu bringen

Matthias: Ein wichtiger Schritt wird in den nächsten Jahren die Entwicklung und Anerkennung der Gehörlosen-Gesamt-Gemeinde als vollwertige Gemeinde mit allen Rechten sein. Mein Ziel ist, dass wir echte Gemeinden der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern werden, mit vielen neuen Vorteilen, aber ohne neue Nachteile. Außerdem ist mir wichtig: Mitarbeiter und Gemeindeglieder haben den Wunsch nach Wissen über Bibel und Glaube. Hier will ich inhaltlich besonders unterstützen.

Laura: Wie seid ihr draufgekommen Theologie zu studieren und Pfarrer zu werden?

Conni: Das ist eine lange Geschichte... Mich hat der Inhalt des Theologiestudiums sehr interessiert. Ich wollte selber mehr wissen und nicht nur alles dem Pfarrer glauben müssen. Der Beruf stand für mich nicht im Vordergrund, ich konnte mir sogar zu Beginn des Studiums nicht vorstellen Pfarrerin zu werden. Und dann ging es immer weiter und heute bin ich sehr froh um diesen schönen Beruf.

Matthias: Ich habe damals nach meiner Bundeswehr-Zeit zuerst begonnen Physik zu studieren. Dann habe ich den Ruf von Gott gespürt, dass ich Pfarrer werden soll. Deshalb habe ich begonnen Theologie zu studieren. Am Anfang gab es im Studium manchmal Misserfolg. Aber Gottes Ruf hat mir immer Mut gemacht. Interessant in meinem Lebenslauf: Ich habe nach dem Abitur gesagt „Ich werde nie Lehrer!“ und in den letzten 9 Jahren war ich (gern!) 50% Lehrer. Am Anfang der Pfarrer-Zeit habe ich gesagt „Ich werde nie Dekan! (Leitung)“ und jetzt habe ich Leitung übernommen. Ich bin gespannt auf mein nächstes „Ich werde nie …“!

Laura: Wann war euer erster Kontakt zu den Gehörlosen?

Conni: Da mein Vater gehörlos ist, habe ich schon von Geburt an Kontakt zu gehörlosen Menschen gehabt.

Matthias: Das war im 1. Teil der Pfarrer-Ausbildung nach dem Studium in der Schweinfurter Gehörlosengemeinde. Ich habe Gottesdienste kennen gelernt, Pfarrer Sauermann hat mich eingeladen zum Gebärdensprach-Unterricht. So habe ich erste Schritte gemacht.

Laura: Wo liegen eure Stärken und Schwächen?

Conni: Eine große Schwäche von mir ist, dass ich nicht immer so strukturiert bin, eine meiner Stärken dagegen ist, dass ich immer auch spontan sein kann und meist genug Ideen habe für die Arbeit

Matthias: Ich kann gut mit Zahlen umgehen und versuche alles genau zu planen. Aber ich vergesse ganz leicht. Deshalb ist eine kurze Information im Vorbeigehen für mich gefährlich. Wenn ich es nicht aufschreibe, ist es schnell vergessen.

Laura: Was mögt Ihr am meisten und was nicht?

Conni: Ich mag sehr gerne mit Menschen zu kommunizieren und natürlich auch mit meiner Familie zusammen etwas zu unternehmen. Unehrlichkeit mag ich nicht.

Matthias: Ich mag meine Frau und meine Kinder am liebsten. Sonst interessiere ich mich besonders für Technik aller Art, besonders Computer-Programme schreiben (aber dafür habe ich nicht oft Zeit). Was ich nicht mag, ist Streit! Ich mag lieber Harmonie.

Laura: Was sind eure Wünsche?

Conni: Ein gutes Miteinander mit ehrenamtlichen und hauptamtlichen Menschen in der Gehörlosenseelsorge Bayern und dass wir vor lauter Arbeit nicht das Ziel – unseren Glauben an Gott – vergessen.

Matthias: Ich wünsche mir, dass ich mit Cornelia Wolf gut zusammen arbeiten kann, dass wir uns gut ergänzen und gemeinsam gut leiten können. Für die Gehörlosengemeinden wünsche ich mir, dass sie auch in Zukunft ein guter Platz für Glaube und Gemeinschaft bleiben. Und für mich wünsche ich mir, dass ich bei zu viel Arbeit auch einmal „Nein“ sagen kann.

Laura: Herzlichen Dank für das Interview!!

Fragen von Randy von Hündeberg, Vertrauensmann der Nürnberger Gehörlosengemeinde und Prädikant

Randy: Bekanntlich ist die Bibel das meistverkaufte Buch der Welt. Ein absoluter Bestseller! Aber welche Rubrik außer die Bibel lest Ihr noch sehr gerne, z.B.  Krimi, Sciencefiction oder was?

Conni: Ehrlich gesagt lese ich total gerne Krimis und Fantasie-Jugendbücher (wie Harry Potter), dabei kann ich sehr gut entspannen.

Matthias: Ich muss im Beruf sehr viel lesen, deshalb lese ich in meiner Freizeit nicht so viel. Wenn ich doch lese, dann gerne eine Empfehlung von Familie oder Freunden. Meine letzten Bücher waren z.B. Tommy Jaud, Hummeldumm (Schweinfurter Autor über eine lustige Gruppen-Safari in Namibia - habe ich während meines Tansania-Urlaubs gelesen und viiiel gelacht) und William P. Young, Die Hütte - Ein Wochenende mit Gott (ein lesenswerter Roman über Glaube und Gott mit Augenblicken zum Schmunzeln und Horizont-Erweiterung).

Randy: Apropos Bibel: Es befinden sich in der Bibel viele Gleichnisse. Welches Gleichnis, eins davon,  würdet Ihr gerne wählen, um den Gemeindegliedern Mut, Zuversicht zu geben?

Conni: Am schönsten finde ich das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Da wird Gott mit dem Vater verglichen, der seinem Sohn mit ausgestreckten Armen entgegen kommt, obwohl der Sohn viele Fehler gemacht hat.

Matthias: Den „verlorenen Sohn” finde ich immer wieder genial (ganz unabhängig von Conni Wolf). Ich kann echt NICHTS tun, dass Gott mich ablehnt. Er öffnet immer wieder seine Arme für mich!

Randy: Im Vaterunser ist eine Bitte dabei. „...Und führe uns nicht in Versuchung...“. Bei was oder wem könnt Ihr trotzdem nicht widerstehen?

Conni: Nürnberger Lebkuchen sind schon eine ziemlich große Versuchung.

Matthias: Da gibt es eigentlich nur 3 Dinge: Schokolade, Eis und ... Aber Versuchung ist das eigentlich alles nicht - ich darf ja! Eine echte Versuchung ist aber für mich, dass ich manchmal arbeite und arbeite ... und dabei Gott vergesse. Deshalb bin ich dankbar für Gottes Erinnerungs-Punkte in meinem Alltag.

Randy: Wie reagiert Ihr – wenn mal die Landeskirche Bayern plötzlich der Gehörlosengemeinde in Bayern eine einmalige Summe von 365.000 Euro für einen guten Zweck spendiert. Wofür wird sie am besten verwendet?

Conni: Am Besten ist das Geld natürlich in Menschen angelegt, das heißt, ich würde damit die Arbeitsplätze sichern wollen, die wir schon haben und vielleicht noch weitere aufbauen. Denn das ist das wertvollste in unserer Arbeit: gehörlose Menschen, die anderen von ihrem Glauben erzählen, anderen helfen und mit anderen Gemeinde leben.

Matthias: 365.000 € ? Glaub ich nicht! Und wenn doch, dann könnten wir sie ein paar mal brauchen! Beim Geld-Ausgeben bin ich eher zurückhaltend, aber spontan fällt mir besonders Sozialberatung, Förderung der Gebärdenchor-Arbeit in Bayern und biblische Weiterbildung der VerwaltungsmitarbeiterInnen ein.

Randy: Ihr reist bestimmt gerne, eine Frage – angenommen. Ihr seid schon zwei Monate in Australien, von hier aus, hinter der Erdkugel. Andere Länder, andere Sitten. Was würdet Ihr sehr vermissen, wenn es in Australien „bayrisches“ nicht gibt.

Conni: Leberkäse und Bier würde ich sicher nicht vermissen, aber bestimmt ein paar wichtige Menschen, die zuhause geblieben sind, besonders meinen Mann und meine drei Kinder.

Matthias: Wenn ich nicht arbeiten muss, brauche ich ziemlich wenig. Wenn meine Frau dabei ist, bin ich schon glücklich (aber die ist auch nicht bayerisch, sondern stammt aus dem Raum Siegen in Nordrhein-Westfalen). Aber sonst: Bamberger Hörnla (nicht die Kartoffel-Sorte, sondern das Gebäck), Brezen und eine gute Brot-Zeit wär dann doch nicht schlecht!

Randy: Wo zappt ihr beim Fernsehen lieber weg und wobei bleibt Ihr gerne hängen?

Conni: Ich schaue sehr wenig Fernsehen und wenn dann gerne einen Krimi.

Matthias: Neulich hab ich im Vorbeigehen mal nachmittags einen Blick auf den TV geworfen. Auf allen Kanälen ähnliche Talk-Sendungen. Man hat den Eindruck, dass es nur komische Leute gibt. Da kann ich nicht nur weg-zappen, sondern gleich ausschalten! Gerne schaue ich allerdings mit meiner Frau einen Liebes-Film (Rosamunde Pilcher usw.) oder „Wer wird Millionär”, mit meinen Söhnen die Serien „24" oder „Navy CIS” und mit meiner Tochter „Germanys next Topmodel” oder „Das Super-Talent”. Leider sehe ich immer nur den Schluss!

Fragen von Annemarie Ritter, Gehörlosenpfarrerin in Bayreuth

Annemarie: Wie kann der Situation begegnet werden, dass kleinere Gemeinden wie Hof und Schweinfurt keinen Seelsorger mehr vor Ort haben und nur noch sehr wenige Gottesdienste dort gefeiert werden können? Wäre es sinnvoll, wieder mehr Nebenamtliche einzusetzen?

Conni: Um hier wirklich eine gute Lösung zu finden, muss ich die Gemeindesituation erst einmal kennen lernen und mit den Menschen vor Ort sprechen, um zu wissen, was vor Ort gebraucht wird. Und dann müssen wir auch nachrechnen, was wir uns leisten können. Nebenamtliche Gehörlosenseelsorger sind sinnvoll und wichtig, können aber aufgrund ihrer Arbeitsbelastung in ihrem Hauptbereich nicht alles auffangen.

Matthias: Für den Augenblick eine nicht-lösbare Aufgabe! Einerseits wollen alle eine gute sprachliche und inhaltliche Qualität. Aber das bedeutet eine gute und lang dauernde Ausbildung. Das ist nebenamtlich eine Überforderung. Außerdem ist bei nebenamtlich immer die Gefahr, dass Gehörlosengemeinde nur „nebenbei” laufen soll und dann bleibt dafür keine Zeit mehr übrig. Gehörlosenseelsorger brauchen eine klare Struktur und eine klare Entlastung in anderen Aufgaben, dann ist die Zeit klar für die Gehörlosengemeinde. Das finden wir im Augenblick noch nicht.

Eine gute Chance sehe ich aber in der Zukunft als „Gehörlosen-Gesamt-Gemeinde in Bayern”. Da muss auch das Verhältnis von Gemeindeglieder-Anzahl und Gemeinde-Leiter geprüft und vielleicht neu geordnet werden.

Annemarie: Wie können wir "alt werdenden" Gemeinden gerecht werden? Seht ihr Arbeitsschwerpunkte in dieser Richtung?

Conni: In München habe ich wichtige Erfahrungen mit dem Thema „älter werdende Gemeindeglieder“ machen können. Beim überkonfessionellen Besuchsdienst haben Gemeinden und Vereine zusammengearbeitet, um alte alleinstehende Gehörlose nicht allein zu lassen. Das Thema wird uns in verschiedenen Formen noch in den nächsten Jahren stärker beschäftigen, wie z.B. Wohnform für ältere gehörlose Menschen, Pflegedienst mit Gebärdensprachkenntnisse usw.

Matthias: Für mich entstehen aus dieser Frage eigentlich 2 Richtungen: (1) „Was können wir tun, damit junge Menschen (wieder) in die Kirche kommen?”Hier sehe ich zuerst wichtig, dass wir alle bei jungen Menschen Werbung machen. Es ist Aufgabe für uns alle, junge Menschen einzuladen, sie zu begeistern und mitzunehmen. Natürlich ist auch unsere Aufgabe als Gehörlosengemeinde und Gehörlosenseelsorge, das Angebot für Gottesdienste und Gemeindeveranstaltungen so zu machen, dass es für junge Menschen interessant ist. Moderne Veranstaltungen bedeutet hier nicht automatisch Abschreckung für ältere Menschen. Im Gegenteil: Alle Menschen freuen sich über Abwechslung und frische Gestaltung. Gebärdenchöre sind dafür ganz wichtig, deshalb unterstützen und fördern wir alle Gebärdenchöre, die in den Gemeinden entstehen.

Dann aber auch die Frage (2) „Was können wir (besser) speziell für ältere Menschen tun?” Da ist wichtig, dass wir in den Gemeinden gegen die Einsamkeit gemeinsam helfen. Ein Besuchsdienst kann sehr helfen. Aber zuerst ist wichtig, dass wir alle offene Augen haben, damit wir sehen, wer ist einsam. Dann ist wichtig, dass die Gemeinde-Leiter, GehörlosenseelsorgerIn und GemeindesprecherInnen das erfahren und überlegen, wie können wir helfen. Eine wichtige Frage ist auch: Brauchen wir in Bayern ein Spezial-Pflegeheim für alte Menschen, das alles mit Gebärdensprache und auch die BewohnerInnen mit Gebärdensprache kommunizieren? Ich denke: Ja! Natürlich wünschen wir das inklusiv in allen Seniorenheimen, aber ich vermute, dass das eine Überforderung ist. Deshalb vielleicht besser ein Spezial-Gebärden-Seniorenheim.

Annemarie: Auf dem Weg Richtung Gesamtgemeinde: Welche Möglichkeiten gibt es für die zahlreichen katholischen Gemeindeglieder, von denen einige ehrenamtlich sehr aktiv sind bei uns? Können Katholiken Mitglied werden?

Conni: Wenn wir anerkannte Gesamtkirchengemeinde werden wollen, gelten für uns die gleichen Rechte und Pflichten wie für hörende Gemeinden. Und da wir kein Verein sind, ist es nicht möglich, dass katholische Menschen evangelische „Mitglieder“ sein können. Wer wirklich evangelisches Kirchenglied werden möchte, muss eben auch ganz evangelisch werden und in die evangelische Kirche eintreten. Aber selbstverständlich können Katholiken bei uns weiter aktiv sein, ehrenamtlich mitarbeiten und die Gottesdienste und Veranstaltungen besuchen.

Matthias: Hier müssen wir auf das Kirchen-Gesetz schauen und deshalb auf der einen Seite ein klares „Nein” sagen. Wer nicht Mitglied in der Evangelischen Kirche ist, kann nicht Mitglied in der Evangelischen (!) Gesamt-Gehörlosen-Gemeinde in Bayern sein. Hier macht das Kirchen-Gesetz eine Grenze.

ABER auf der anderen Seite haben wir in der Vergangenheit nicht an unseren Türen gefragt: „Bist du evangelisch oder katholisch?” Das werden wir auch in Zukunft nicht tun. Deshalb sind alle Türen offen für evangelische oder katholische Christen, für Christen anderer Konfessionen, für nicht-getaufte Menschen. Wir gebärden allen entgegen „Herzlich Willkommen!” Und selbstverständlich dürfen bei uns alle aktiv sein.

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